
Dr. Cristina Barth Frazzetta
Co-Founder, COO & Head Coach Life Orientation & Navigation
Es ist schon seltsam: Selbst abenteuerlustige Menschen müssen diese Eigenschaft in 99% der Fälle anfangs üben – nur ganz wenigen ist sie “in die Wiege gelegt”!
Erst nachdem sie mehrfach erlebt haben, dass ihnen das Neue, das sie durch die Abenteuerlust kennenlernen, große Lebensfreude spendet, lässt der innere Widerstand beim nächsten Mal nach.
Daher ist es eine berechtigte Frage, woran es eigentlich liegt, dass uns Veränderung so schwer fällt.
Die Ursache findet sich in der Entwicklungsgeschichte unseres Gehirns: Seine ältesten Anteile sind, wie nicht anders zu erwarten, zum einen zur internen Steuerung lebenswichtiger Funktionen unseres Organismus da, zum anderen aber auch – denn das ist die Voraussetzung dafür – zur Sicherung unseres Überlebens in der äußeren Umwelt.
Letzteres hat zur Folge, dass es Veränderung gar nicht mag. Schließlich hat der Körper, für den es zuständig ist, bisher da überlebt, wo er war, beziehungsweise mit dem, was er bisher tat. Jede Veränderung wird daher zunächst als (unnötige) Gefahr angesehen und es sendet daher warnende Signale wie Angst oder mindestens heftige Unlustgefühle aus.
Kein Wunder also, dass wir bei jeder Veränderung erst einmal einen kleinen inneren Angsthasen überwinden müssen.
Nun könnte man meinen, dass das ja wohl in den allermeisten Fällen nicht so schwer sein sollte, schließlich haben wir ja inzwischen auch ein (neueres) Großhirn, das schnell logische Argumente für das Kleine oder auch größere Wagnis bereitstellen kann. Nur leider ist das weit gefehlt, denn die alten Anteile sind mächtiger und geradezu reflexartig schnell. Außerdem arbeiten sie nicht mit Sprache, die möglicherweise widerlegbar wäre, sondern mit biochemischen Reaktionen, die Gefühle auslösen – und Gefühle kann man bekanntlich nicht wegdiskutieren.
Unsere Logik, also die guten Argumente, weshalb das Neue gut für uns sein oder uns von alten Unannehmlichkeiten befreien wird, kann daher allenfalls im zweiten Schritt helfen. Zuerst einmal müssen wir die negativen Gefühle anehmen und uns nicht sofort den Riesensprung abfordern. Denn nicht selten verstärken sich die Ängste dann, so dass das Vorhaben entweder vorzeitig abgebrochen wird oder insgesamt misslingt. Für das alte Gehirn ist das dann der Beleg dafür, dass es “recht” hatte und die Idee ja wohl von Anfang an viel zu riskant war. Ein neuer Anlauf wird dann nur umso schwerer.
Ein Beispiel: Wenn ich eine sehr unsportliche, vielleicht sogar etwas übergewichtige Person bin und daran jetzt wirklich etwas ändern will, ist es nicht so sinnvoll, mir selbst eine radikale 0-Diät zu verordnen und mir vorzunehmen, den in 3 Monaten stattfindenden Marathon mitzulaufen, denn die Wahrscheinlichkeit zu scheitern und in alte Verhaltensmuster zurückzufallen ist dann ziemlich hoch.
Wenn du schon einmal versucht hast, eine große Veränderung von heute auf morgen durchzuziehen, kennst du das wahrscheinlich: Anfangs bist du hochmotiviert, voller Energie und Überzeugung – und nach wenigen Tagen oder Wochen wird es zäh. Auf einmal erscheinen die Vorsätze unüberwindbar und du bist versucht, wieder alten Gewohnheiten nachzugeben.
Genau an dieser Stelle kommen Micro Habits ins Spiel – winzige Verhaltensweisen, die so klein sind, dass sie quasi keinen Widerstand auslösen. Sie fühlen sich nicht an wie Risiko oder Bedrohung, sondern wie ein fast unbedeutender Mini-Schritt. Und doch entfalten sie ihre Wirkung, weil sie mit der Zeit einen Dominoeffekt auslösen.
Statt also große, überwältigende Ziele durchzupauken, gehst du kleine Schritte, die dein Gehirn akzeptiert – und die du dadurch konsequent umsetzen kannst.
Wie gesagt, unsere alten Gehirnanteile lieben Sicherheit und Routine. Veränderungen lösen Stress aus, weil ungewohnt bedeutet: potenziell gefährlich. Micro Habits tricksen genau diesen Mechanismus aus.
Warum?
Ein Beispiel: Anstatt dir vorzunehmen, jeden Morgen eine Stunde zu meditieren, startest du, sobald du morgens aufstehst, damit, zwei tiefe Atemzüge zu machen und dabei in dich hineinzuhorchen („Worauf ich mich an diesem Tag freue“). Oder genauso abends, wenn du dich aufs Bett setzt („Was mich an diesem Tag gefreut hat“).
Das klingt fast lächerlich wenig – aber genau darin liegt die Kraft. Die Schwelle ist so winzig, dass du keine Energie brauchst, um dich zu überwinden.
Die Kunst besteht darin, das große Ziel in Mini-Splitter herunterzubrechen. Frag dich dazu: Was ist die kleinste mögliche Handlung, die mich in Richtung meines Zieles bringt?
Hier eine konkrete Anleitung zur Vorgehensweise:
Hier noch ein paar Beispiele für Micro Habits im Alltag
Zugegeben, das wirkt banal. Aber diese kleinen Handlungen summieren sich. Und sobald dein Gehirn merkt: „Das tut mir gut, und es ist überhaupt nicht bedrohlich“, fällt es leichter, das Pensum langsam zu steigern.
Nach etwa einem Monat täglicher Micro Habit kannst du die nächste kleine Herausforderung auf dem jeweiligen Gebiet hinzufügen.
Vielleicht fragst du dich: Aber bringt denn ein Mini-Handgriff überhaupt was? Ja – und zwar gleich auf zwei Ebenen:
Auch zwei Kniebeugen sind mehr Bewegung, als wenn du gar nichts machst. Zwei Minuten Lesen sind mehr Bildung, als wenn du Instagram scrollst.
Der viel wichtigere Aspekt – du baust das Selbstbild auf: „Ich bin eine Person, die Sport macht.“ Oder: „Ich bin jemand, der achtsam ist.“ Dieser Identitäts-Shift ist die eigentliche Magie der Micro Habits.
Denn wenn du einmal in der „neuen“ Identität angekommen bist, brauchst du weniger Disziplin. Denn du bist irgendwann das, was du regelmäßig tust und dein Körper fordert es von sich aus ein, wodurch die Veränderung außerdem auch nachhaltig ist.
Das Herzstück von Micro Habits ist die Wiederholung. Damit es nicht nur ein Strohfeuer bleibt, helfen dir folgende Vorgehensweisen:
Natürlich wirst du zwischendurch einen Tag auslassen. Und das ist völlig normal. Micro Habits leben nicht von Perfektion, sondern von Regelmäßigkeit im Großen und Ganzen.
Wenn du mal aussetzt, ist die wichtigste Haltung: einfach weitermachen, ohne Schuldgefühle. Wenn ein Musiker einen falschen Ton spielt, hört er ja auch nicht gleich auf, das Stück zu spielen.
Damit das Ganze noch greifbarer ist, hier ein kleines Szenario:
So harmlos darf der Einstieg sein. Jetzt stell dir vor, wie sich die Wirkung über die Zeit potenziert...
Vielleicht bist du gerade an einem Punkt, an dem dir anstehende Veränderungen schier zu groß und überwältigend erscheinen. Dann lade ich dich ein: Wähle dir gleich heute ein einziges Micro Habit. So klein, dass du fast lachst.
Und dann stell dir vor: In einem Jahr hast du nicht nur diese eine Routine, sondern vier, fünf oder sechs weitere aufgebaut. Nicht, indem du dich gequält hast, sondern weil du dich sanft Schritt für Schritt hineinleben lassen hast.
Veränderung muss nicht heroisch sein. Du musst keine Mega-Ziele an einem Tag angehen. Im Gegenteil: Durch sie droht der von Diäten bekannte JoJo-Effekt. Stattdessen solltest du dich daran erinnern: Auch der kleinste Tropfen zieht Kreise in einem See.
Micro Habits eröffnen dir einen Weg, dein Leben Stück für Stück, aber nachhaltig umzugestalten – und zwar ganz ohne Kampf, sondern mit Leichtigkeit. Mit jeder winzigen Handlung wächst die Vertrautheit und deine Zuversicht, dass du Einfluss auf dein Leben hast.
Also: Fang klein an. Mach es heute so einfach, dass es unmöglich ist, nicht zu starten. Dein Gehirn wird es lieben – und dein Leben sowieso.
Wenn du erfahren möchtest, wie Coaching dich dabei begleiten kann, Veränderungen in deinem Leben anzugehen, dann buche doch einen Call mit uns: https://www.crimalin.com/book-a-call
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